Lea Wevelsiep: "Ich sehe die Verletzung nicht nur als schlecht an"
13.02.2020 – Thorsten Eisenhofer
Lea Wevelsiep (SSF Bonn Team artegic) hat nach einer schweren Knieverletzung im vergangenen Jahr ein starkes Comeback in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga gegeben. Im Interview spricht die 23-Jährige, die Sport und Biologie in Köln studiert, über Vorteile von Verletzungen, erzählt, wann sie sich wie ein kleiner Profi gefühlt hat und berichtet von einem lauten Knall auf dem Trampolin.
[[$GalleryElement? &unique_idx=`2` &layout_id=`6` &layout_column=`col2` &layout_idx=`0` &layout_title=`` &lightbox=`0` &thumbnail=`` ]]Lea, der Orkan Sabine zieht gerade über Deutschland (Das Interview wurde am Morgen des 10. Februars geführt). Wie ist es bei dir in Köln?
An der Uni sind heute viele Prüfungen abgesagt worden. Ich habe zum Glück erst morgen eine wichtige Abschlussprüfung in Biologie. Die wird wohl stattfinden. Dann kommt für mich nur noch die Masterarbeit.
Wenn der nächste Orkan über Deutschland zieht, bist du also vielleicht schon Lehrerin.
Genau, da liegt mein aktueller Fokus. Der Sport dient in lernintensiven Phasen als guter Ausgleich. Und stimmt, dann hätte ich auch frei, wenn in Köln alle Schulen geschlossen bleiben (lacht).
Wie schwer ist es, Studium und Leistungssport zu vereinen?
Es ist machbar und auch möglich. Dadurch, dass ich zwei Jahre verletzt war, konnte ich mich in der Zeit stärker auf das Studium konzentrieren. Dass war auf jeden Fall leichter zu vereinbaren als 2019 (lacht). Wichtig ist, eine gute Struktur zu haben und sich gut zu organisieren, um alles in Einklang zu bringen: Sport, Studium und soziale Kontakte. Gerade durch die Verletzung habe ich gemerkt, wie wichtig Freunde und Familie sind, weil sie einen immer stützen.
Wird das im Referendariat, das für dich Ende dieses oder Mitte nächsten Jahres beginnt, schwieriger?
Ich glaube schon. Ich weiß ja noch nicht, wo ich mein Referendariat machen werde, welche Schule ich zugewiesen bekomme. Aber ich denke, dass auch das mit der nötigen Motivation machbar sein wird. Man findet immer Wege.
Du hast dir die Knieverletzung ausgerechnet in einem Kurs an der Universität zugezogen.
Es ist im Mai 2016 im Trampolinkurs im Sportstudium passiert. Ich habe schon gemerkt, dass sich das Knie nicht so gut anfühlt, dachte, ich springe noch zweimal – und dann höre ich auf. Soweit kam es nicht. Ich bin falsch aufgekommen und es hat einen lauten Knall gegeben. Ich habe mir das Kreuzband gerissen, den Innen- und den Außenmeniskus und das Innenband.
Und das war ja noch nicht alles.
Ende November 2016 habe ich wieder angefangen zu laufen. Ich bin immer mittwochs auf die Bahn. Aber mehr als 800 Meter habe ich nicht geschafft, weil ich so starke Schmerzen hatte. Ich habe das zwei Monate durchgezogen und bin dann nochmal zum Arzt. Ich dachte, es kann nicht sein, dass du mit 20 Jahren nicht mehr schmerzfrei laufen kannst. Es hat sich dann herausgestellt, dass der Meniskus noch einmal gerissen ist. Er war genäht worden und die Naht hat nicht gehalten.
Du hast dir dann viel Zeit für den Wiedereinstieg genommen.
Genau, ich habe die Saisons 2017 und 2018 als Aufbaujahre genutzt, bin nicht mehr in der Bundesliga, sondern in der Regionalliga und der NRW-Liga gestartet. Es ging darum, den Spaß an der Bewegung und am Triathlon zurückzugewinnen. Ich habe in der Zeit gemerkt, dass Triathlon meine Sportart ist. Für 2019 hat mich dann Christoph (Großkopf, Bonner Teammanager, Anm. d. Red.) gefragt, ob ich wieder in der Bundesliga starten möchte. Da habe ich mir gesagt: Lea, hab Spaß am Sport, der Rest kommt von selbst!
Wie hart hat dich die Verletzung getroffen?
Ich hatte gerade den Sprung geschafft, international zu starten. Ich sehe die Verletzung trotzdem nicht nur als schlecht an. In der Jugend war mein Leben vom Leistungssport geprägt. Ich war seit ich 13 Jahre alt war im D-Kader des Landesverbandes. Durch die Verletzung fehlte mir etwas, habe ich doch zuvor viele Stunden jede Woche Sport getrieben. Ich habe danach aber gemerkt, dass es auch andere Dinge im Leben gibt, die ich toll finde und schätze: Mit Freunden etwas unternehmen, zu reisen. Und ich habe gelernt, Dinge viel mehr zu schätzen, nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Zum Beispiel schmerzfrei laufen zu können. Das hat mich auch mental gestärkt.
Denkst du manchmal, ohne die Verletzung würdest du jetzt vielleicht in Europa- oder Weltcuprennen starten?
Das kann ich ja immer noch. Aktuell liegt der Fokus jedoch auf der Beendigung des Studiums. In der Bundesliga fühle ich mich außerdem wohl, die Rennen mit meinem Team machen großen Spaß. Im vergangenen Jahr war ich zweimal in den Top 15. Das hatte ich so gar nicht erwartet. Diese Unbeschwertheit, Rennen zu bestreiten, möchte ich zunächst beibehalten. Durch die Verletzung habe ich den Sport schätzen gelernt. Ich möchte nicht übertreiben und auch in zehn Jahren noch Triathlonwettkämpfe bestreiten können.
Hast du mit solch einer guten Comeback-Saison gerechnet?
Ich bin überglücklich, dass ich so stark zurückgekommen bin. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich hatte noch nie eine Saison, die so super gelaufen ist. Irgendetwas ist immer passiert. Ein Sturz, eine Verletzung. Es hat richtig Spaß gemacht.
Zweimal Rang 15 in der vergangenen Saison der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga. Heißt das für 2020, dass ein Platz in den Top 15 das Ziel ist?
(lacht) Eine Top-15-Position habe ich mir vorgenommen. Ein Platz unter den ersten Zwölf wäre ein Traum.
Die Erfüllung eines Traumes war auch der dritte Rang mit dem Team in Düsseldorf.
Im Kraichgau waren wir schon zufrieden mit Rang sieben gewesen. Wir haben uns vor dem Wettkampf in Düsseldorf gesagt: nochmal Top Ten wäre super. Wir sind ja dann vor dem Rennen von euch für das Highlightvideo des Rennens interviewt worden. Da haben wir uns wie die großen unseres Sports gefühlt ;-D. Wir waren dann zu dritt in der zweiten Radgruppe. Ich wusste, dass Hannah Stegmaier und Eva Daniels laufen können. Ich habe alles gegeben und wir konnten als Team aufs Podium kommen. Das war natürlich mega.