Karoline Degenhardt: "Bin generell ein ängstlicher Mensch"
15.03.2021 – Thorsten Eisenhofer
Karoline Degenhardt hat ihre Karriere in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga nach der Saison 2019 beendet. Wir haben mit ihr über einen Blitzstart in die Bundesliga, das Rad einer Olympiateilnehmerin und über die Angst vor dem Rennradfahren gesprochen.
[[$GalleryElement? &unique_idx=`2` &layout_id=`6` &layout_column=`col2` &layout_idx=`0` &layout_title=`` &lightbox=`0` &thumbnail=`` ]]Karoline, das Bundesligarennen 2020 in Saarbrücken hast du im Livestream verfolgt. War Wehmut dabei?
Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wobei das lachende Auge überwiegt. Die Sportart hat solch eine tolle Entwicklung genommen, gerade was die Medienpräsenz angeht. Und die jungen Athlet*innen haben heute ganz andere Möglichkeiten.
War der Abschied aus der Bundesliga auch ein Abschied vom (Wettkampf-)Sport?
Ganz ohne Sport kann ich nicht. Ich habe Ende 2019 beschlossen, dass ich 2020 keinen Wettkampf machen werde. Mein Freund hat das Ziel, sich für die Ironman-WM auf Hawaii zu qualifizieren. Dabei unterstütze ich ihn. Und mittlerweile habe ich auch wieder Lust auf Wettkämpfe, ich wollte eigentlich dieses Jahr eine Mitteldistanz absolvieren, die allerdings schon abgesagt worden ist.
Fehlen dir die Wettkämpfe?
Wenn man, wie ich, über 20 Jahre Wettkämpfe gemacht hat, fehlen sie einem nur bedingt (lacht). Was mir fehlt, ist an die Leistungsgrenze zu gehen. Dafür ist die Motivation im Wettkampf einfach größer.
Vor deiner Karriere als Triathletin warst du als Schwimmerin recht erfolgreich.
Ich bin 2008 Deutsche Meisterin über 200 Meter Brust geworden und war dann anschließend bei der EM dabei. Diese Erfolge haben mein Selbstbewusstsein gestärkt und ich habe viele Dinge gelernt, die mir auch in meiner beruflichen Entwicklung geholfen haben. Mir war allerdings klar, dass ich es niemals zu den Olympischen Spielen schaffen werde, auch wenn meine Eltern mir noch weitere Jahre im Leistungssport finanziert hätten. Ich habe dann ein Biomedizinstudium begonnen und mich langsam vom Hochleistungssport verabschiedet.
Und dann bist du plötzlich in der Zweiten Triathlon-Bundesliga aufgetaucht.
Während ich eine Rucksackreise in Korsika gemacht habe, hat mich Tanja (Schneider, Teamchefin des Mey Post SV Tübingen, Anm. d. Red.) angerufen und gefragt, ob ich sie nach dem Aufstieg in die Zweite Liga nicht unterstützen möchte. Ich habe zugesagt, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben (lacht). Ich habe dann ein Rennrad von Ricarda Lisk (ehemalige Olympiateilnehmerin, Anm. d. Red.) bekommen, habe einen Testwettkampf gemacht und dann stand schon mein erstes Zweitligarennen an.
Ein Jahr später bist du in deinem ersten Rennen in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga im Kraichgau Elfte geworden.
Nach dem Rennen habe ich die ganze Nacht Krämpfe gehabt. Es war das härteste Rennen, das ich jemals absolviert habe. Aber es war ein toller Einstand und ich hatte damit mein eigenes Ziel, einmal in der Bundesliga ein Top-20-Ergebnis zu erzielen, erreicht.
Ein paar Wochen später in Düsseldorf lief es dann nicht mehr ganz so gut.
Ich hatte eigentlich schon das Ziel, die Platzierung aus dem Kraichgau zu bestätigen. Ich habe aber leider auch gedacht: im ersten Rennen gleich Elfte, das läuft ja ganz gut. Ist es in Düsseldorf dann aber nicht. Danach war ich wieder motiviert und habe in Münster als Elfte gezeigt, dass das Ergebnis aus dem Kraichgau keine Eintagsfliege war.
Was haben dir die Bundesligarennen für deine persönliche Entwicklung gebracht?
Ich habe gelernt, dass man mit Teamgeist sehr, sehr viel erreichen kann. Und ich habe viel über Fahrräder gelernt (lacht). Ich kann jetzt Kassetten anbauen und Bremsbeläge austauschen.
Als ehemalige Schwimmerin war die erste Triathlon-Disziplin deine große Stärke.
Ich hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Athletinnen, nie Angst vor dem Schwimmen. Ich hatte immer Spaß, vorne mitzumischen. So hat es immerhin für eine Fernseheinblendung in der Grafik der zehn schnellsten Schwimmerinnen beim Rennen in Berlin 2019 gereicht.
Und den Screenshot davon schaust du dir immer noch gerne an?
Nein, aber meine Oma hat die Grafik im Fernsehen gesehen und sich sehr darüber gefreut.
Deine Angstdisziplin ist das Radfahren.
Ich bin generell ein ängstlicher Mensch. Ich würde zum Beispiel nie Abfahrtsski fahren. Dadurch, dass ich das Rennradfahren erst sehr spät gelernt habe, habe ich technisch natürlich nicht die Klasse vieler Konkurrentinnen. Einfache Wendekurse bekomme ich noch ganz gut hin. Wenn es technisch ein bisschen anspruchsvoller wird, falle ich meistens aus den Gruppen heraus.
Und diese Angst ist vermutlich schwer zu besiegen.
Ich habe da leider irgendwann angefangen, nachzudenken. Nachzudenken, was passieren kann. Und seitdem habe ich eine Blockade im Kopf. Und das macht es wirklich schwer. Nichtsdestotrotz bin ich sehr gerne auf dem Rennrad unterwegs. Im letzten Sommer sind wir 2000 Kilometer quer durch Deutschland bis nach Tübingen zu meinen ehemaligen Teamkameradinnen gefahren.