Hagens Sara Baumann: "Scheitern macht nie Spaß"
14.04.2020 – Thorsten Eisenhofer
Das Sparda-Bank Team Hagen entging dem Abstieg aus der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga in der vergangenen Saison nur knapp. Wir haben mit Sara Baumann darüber gesprochen, wie es sich anfühlt, um das sportliche Überleben zu kämpfen, was passiert, wenn man den Radhelm nicht schnell genug zu bekommt, und warum es so schwierig ist, als Profi zu starten.
[[$GalleryElement? &unique_idx=`2` &layout_id=`6` &layout_column=`col2` &layout_idx=`0` &layout_title=`` &lightbox=`0` &thumbnail=`` ]]Die Saison 2019 verlief nicht, wie ihr euch das vorgestellt habt.
Es hat einiges gefehlt und einiges nicht gepasst. Wir waren zum Teil nur zu dritt am Start, hatten mal einen Platten in einem ungünstigen Moment. Die Mannschaft hat grundsätzlich das Potential, um in der Bundesliga einen Platz im Tabellenmittelfeld zu erreichen.
Das habt ihr in den vergangenen Jahren auch oft gezeigt.
Man hat einfach ab und an eine schlechte Saison. Es war ja auch für uns nicht das erste Mal.
Wie fühlt es sich an, gegen den Abstieg zu kämpfen?
Das ist kein schönes Gefühl. Ich bin in dem Verein groß geworden, habe meine Kindheit und Jugend hier verbracht. Dann ist es natürlich nicht schön zu sehen, dass gegen den Abstieg gekämpft wird. In Hagen ist über lange Zeit etwas aufgebaut worden. Ich weiß, was dahinter steckt, wie groß der Aufwand ist, der betrieben wurde und betrieben wird. Da möchte man natürlich nicht scheitern. Scheitern macht nie Spaß. Aber noch weniger, wenn man viel Kraft und Zeit reingesteckt hat.
Klingt fast, als ginge es darum, ein Lebenswerk zu erhalten.
Für mich ist der Begriff sicherlich zu hoch gegriffen. Aber auf meinen Vater (Teammanager Jochen Baumann, Anm. d. Red.) trifft der Begriff ganz gut zu. Er hat das alles maßgeblich mit aufgebaut und so viel investiert. Für ihn wäre ein Abstieg schon sehr bitter gewesen. Da wäre schon etwas weggebrochen. Vor allem, weil niemand damit gerechnet hat.
Wie ist das, wenn der Vater zugleich der Teammanager ist?
Es ist schon etwas Besonderes. Triathlon ist ein großer Teil meines Lebens, es ist eine Sache, die meinen Vater und mich verbindet. Es ist super, dass wir den Sport gemeinsam ausüben können.
Nicht nur bei eurer Mannschaft, auch bei dir persönlich lief es dieses Jahr in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga nicht so.
Ich habe meinen Fokus auf die Mitteldistanz gelegt, arbeite Vollzeit als Polizistin im Schichtdienst, bei den Rennen hat einiges vom Timing nicht gestimmt. Es gab einige Pannen, die passiert sind. In Tübingen habe ich zum Beispiel meinen Helm nicht zu bekommen. Dadurch habe ich die große Radgruppe verpasst. Dabei wechsle ich eigentlich gut. Und alleine gegen 40 Athletinnen hast du dann keine Chance mehr, heranzukommen.
Seit 2017 bis du auch auf der Mitteldistanz unterwegs.
Die Mitteldistanz ist mein Ding. Ich kann meine Schwimmschwäche durch das Windschattenverbot beim Radfahren viel besser kaschieren. Auf der Mitteldistanz geht es nicht darum, ob ich das große Feld noch bekomme. Ich schwimme einfach und setze mich dann aufs Rad. Da kann ich dann meine Stärken ausspielen. In der Bundesliga ist das so nicht möglich.
Macht es in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga für dich dann nicht den Reiz aus, die Gruppe einzuholen, wenn du sie knapp verpasst hast?
Es gibt Wettkämpfe, bei denen das möglich ist. Wenn man es alleine oder in einer Kleingruppe schafft, das Feld einzuholen, fühlt sich das natürlich toll an. Beim Rennen in Grimma 2017 bin ich ziemlich weit hinten aus dem Wasser gekommen. Dann bin ich so ziemlich alleine in die zweite Radgruppe gefahren und noch auf den 19. Platz nach vorne gerannt.
Ist so ein Rang in den Top 20 noch mal ein Ziel?
Mein Problem ist, dass ich beim Schwimmen immer zu knapsen habe. Daher glaube ich, dass eine Top-20-Platzierung sehr schwierig zu schaffen ist. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Rennen von Jahr zu Jahr besser besetzt sind. Aber eine Position unter den ersten 25, das wäre vielleicht möglich. Ich müsste halt mal nach dem Schwimmen gut positioniert sein.
Bevor du dich 2017 der Mitteldistanz zugewandt hast, bist du auch in Rennen des Europacups gestartet. Hast du dann einfach gemerkt, dass du mit deiner Schwimmschwäche auf den kurzen Distanzen keine Chance hast?
Ich bin eher der Ausdauertyp. Wenn ich auf einer kurzen Distanz nach dem Radfahren den ersten Kilometer schnell anlaufen muss, habe ich schon manchmal meine Probleme. Mein Körper ist definitiv eher für die ganz langen Strecken gemacht. Daher hatte ich den Wunsch, das auszuprobieren.
Das heißt, eine Langdistanz ist das Ziel?
Ich kann es mir vorstellen, ich kann aber noch nicht sagen, wann es soweit ist. Was ich sagen kann: Ich möchte mich sowohl mal für die Ironman-70.3-WM als auch für die Ironman-WM qualifizieren. Meine Mama und mein Papa waren beide schon auf Hawaii am Start, ich war schon als Zuschauerin dabei. Es hat mich fasziniert.
Die vergangenen beiden Jahre hattest du sogar eine Profilizenz.
Es ist für mich schwierig, Sportförderung zu erhalten. Aber ohne Sportförderung kann ich den Fokus nicht auf den Sport legen. Der Job hat für mich Priorität Nummer eins. Ich mache ihn gerne und er finanziert mein Leben. Daher habe ich für dieses Jahr auf eine Profilizenz verzichtet. Ich kann meine Ziele ja zum Glück auch im Altersklassenbereich erreichen.
Ein bisschen schade ist das ja schon.
Ja, das ist schade, weil ich sehr ehrgeizig bin und gerne mein maximales sportliches Potential ausgeschöpft hätte. Aber das wunderbare am Triathlon ist eben auch, dass man tolle Möglichkeiten als Altersklassen-Athletin hat.
Wirst du es nochmal mit einer Profilizenz versuchen?
Man sollte niemals nie sagen. Wer weiß, welche Türen sich einem noch öffnen. Ich bin erst 25 Jahre, das ist für die Mitteldistanz kein Alter. Daher würde ich nichts ausschließen. Es tut aber gerade auch ganz gut, das Ganze mal zu entschleunigen. Ich mache Triathlon seit ich sechs Jahre bin, arbeitet seit zehn Jahren mit Trainingsplänen. Mal eins, zwei Jahre mit viel Spaß dabei sein, ist ja eigentlich der Ursprungsgedanke, warum man den Sport macht. Das kann auch sehr erfrischend sein. Und dann erreicht man vielleicht noch mehr.