Rike Westermann: "Habe mich immer gesträubt, in der Bundesliga zu starten"

21.04.2020 –  Thorsten Eisenhofer

Rike Westermann startet für dasSchwalbe Team Krefelder KK in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga. Wirhaben mit ihr über ein Bundesliga-Debüt mit 36 Jahren, über das Übernachten…

Bitburger 0,0 Triathlon Bundesliga, Düsseldorf, 23.06.2019

Rike Westermann startet für das Schwalbe Team Krefelder KK in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga. Wir haben mit ihr über ein Bundesliga-Debüt mit 36 Jahren, über das Übernachten im Camper an Wettkampforten und eine Abenteuer-Wettkampfreise nach China für ein großes Ziel gesprochen.

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Zu deinem Bundesliga-Debüt in Tübingen 2018 musste man dich förmlich überreden.

Guido (Pesch, Teammanager des Schwalbe Teams Krefelder KK) hat schon länger versucht, mich für ein Bundesligarennen zu gewinnen. Ich habe mich immer gesträubt, weil ich fand, dass es peinlich wird mit meiner Schwimmleistung. Vor Tübingen 2018 habe ich dann gesagt, ich versuche es. Mein Ziel war es, beim Radfahren nicht überrundet und aus dem Rennen genommen zu werden. Bei fünf Radrunden à vier Kilometer muss man dann schon ordentlich Gas geben.

Das ist dir gelungen.

Ich bin weit als Letzte aus dem Wasser gekommen und musste dann richtig in die Pedale treten. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass sie mich nicht überrunden werden. Ich konnte sogar auf der letzten Radrunde noch auf eine Gruppe auffahren. Beim Laufen habe ich dann noch ein paar Athletinnen überholt. Unter anderem auch eine Mannschaftskollegin. So bin ich sogar noch in die Teamwertung gekommen. Ein Bundesligarennen ist schon ein Highlight, ein super Erlebnis.

Du bist 38. Wie ist das mit den vielen jungen Athletinnen am Start zu stehen?

Ich bin ja fast schon eine Oma, die jungen Athletinnen könnten fast meine Kinder sein (lacht). Ich bin stolz darauf, es so weit gebracht zu haben.

Denkst du manchmal darüber nach, was möglich gewesen wäre, wenn du in jungen Jahren in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga gestartet wärst?

Natürlich denkt man manchmal, was wie gewesen wäre. Vielleicht wäre ich aber gar nicht mehr dabei, wenn ich in jungen Jahren angefangen hätte.

2019 bist du dann in der Bundesliga beim Rennen in Düsseldorf gestartet. Für das Schwimmen hast du über viereinhalb Minuten länger als die Spitze gebraucht …

… das ist ziemlich peinlich …

… mit deinen Rad- und Laufzeiten kannst du jedoch super mithalten. Im Laufen warst du 22. von 57 gewerteten Athletinnen.

Ich versuche, nicht darüber nachzudenken, dass ich als Letzte aus dem Wasser komme. Es ist dann motivierend, wenn man auf der restlichen Strecke aufholt und so gut wie gar nicht mehr überholt wird. Für mich fängt ein Wettkampf mit dem Aufstieg auf das Rad eigentlich erst richtig an. Ab dann heißt es Vollgas.

Meine Laufleistung ist ganz gut dafür, dass ich erst 2006 richtig angefangen habe, Sport zu treiben. Vorher habe ich nur ein bisschen Tennis gespielt. Ich hatte auch ein paar Kilos zu viel. Vor allem im Laufen und Radfahren bin ich in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Klar ist auch, dass mir längere Distanzen besser liegen, da das Schwimmen dort nicht solch einen großen Stellenwert hat.

Apropos lange Strecken: Du hast dich 2019 für die Ironman-WM auf Hawaii qualifiziert. Im zweiten Anlauf …

Ich wollte unbedingt noch einmal nach Hawaii, nachdem es 2016 dort nicht so gut gelaufen ist. Ich habe meinem Freund (Götz Kreisel, Anm. d. Red.) vorgeschlagen, dass wir es zusammen versuchen. Er wollte erst nicht, ich jedoch unbedingt. Ich habe ihn dann überredet mit dem Argument, einmal im Leben müsse ein Triathlet wie er, der bereits 1984 mit dem Triathlon angefangen hat, auf Hawaii starten.

Ihr habt es dann 2019 beim Ironman Vichy in Frankreich versucht.

Ich war ein bisschen perplex. Die Radstrecke hatte im Jahr zuvor 500 Höhenmeter gehabt. Auch noch bei der Anmeldung war diese Strecke angegeben. Schließlich wurde die Radstrecke geändert und es waren plötzlich circa 2500 Höhenmeter. Das war schon echt happig. In meiner Altersklasse war eine Belgierin dabei. Sie war ehemaliger Radprofi und deutlich schneller als ich. Götz holte sich das Hawaii-Ticket, ich als Gesamt-Vierte und Zweite in meiner Altersklasse nicht. Ich hatte mich schon für den Ironman Frankfurt in diesem Jahr angemeldet, um eine weitere Qualifikationschance zu haben. Denn ich wusste: Götz wird den Platz für Hawaii nicht annehmen, wenn ich es nicht noch einmal versuche, mich zu qualifizieren.

Und dann hat dir eine Freundin von einem Rennen in Xiamen (China) erzählt.

Ja, sie hat vor Jahren an den Rennen teilgenommen und meinte, das sei doch ein schönes Abenteuer und Erlebnis. Ich war erst ein bisschen skeptisch, da ich mich eigentlich nicht bei einem Ironman-70.3-Rennen für Hawaii qualifizieren wollte. Dann habe ich aber gedacht, wer weiß, ob du nochmal nach China kommst und mit Frankreich hatte ich schon ein super Rennen mit etwas Pech gemacht. So haben wir das Abenteuer angenommen und ich habe mir dort tatsächlich als schnellste Altersklassen-Athletin einen Startplatz für Hawaii geholt. Das ist nun mein großes Highlight für dieses Jahr, falls das Rennen stattfinden wird.

2016 warst du schon mal auf Hawaii.

Es ist bescheiden gelaufen. Ich habe mich in Klagenfurt mit einem überraschend guten Rennen qualifiziert. In der Zeit zwischen Klagenfurt und Hawaii habe ich im Training vermutlich zu viel Gas gegeben. Schon nach 30 Kilometern auf dem Rad auf Hawaii habe ich mich leer gefühlt. Der Rest war einfach nur noch durchquälen.

Ein gutes Rennen auf Hawaii wäre dann vielleicht dein Karriere-Highlight. Was ist es bisher, der EM-Titel in deiner Altersklasse in Weert 2019?

Der EM-Titel war schon etwas Tolles. Aber auch der Titel bei den Marathon-Europameisterschaften der Polizei 2014 oder das Rennen in Klagenfurt 2018 in 9:53 Stunden sind Höhepunkte.

Götz und du, ihr reist zu vielen Wettkämpfen mit dem Camper.

Ja, den haben wir Ende 2018 gekauft. Er hat ein höhenverstellbares Bett, sodass wir die Räder nachts unter das Bett stellen können. Sie müssen also nicht draußen stehen. Wir waren mit dem Camper zum Beispiel in Vichy und in Weert. Ich finde es super entspannt, wenn man direkt am Wettkampfort schläft – mit seiner eigenen Bettdecke.

Und man kann morgens länger schlafen.

Stimmt. In Vichy haben wir gerade mit dem Frühstück begonnen, als die ersten Athleten angekommen sind.

Schläfst du dann auch richtig gut?

In der Nacht vor dem Rennen auf keinen Fall, wenn der Wecker um drei oder vier Uhr klingelt. Wenn man am Start steht, hat man aber schon wieder vergessen, dass die Nacht kurz war. Und wichtig ist ja vor allem die Nacht davor.