Lena Kämmerer: "Ich hatte plötzlich bei jeder Schwimmeinheit richtig Bock"
20.10.2020 – Thorsten Eisenhofer
Lena Kämmerer startet seit 2014 in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, dass es auch in der Bundesliga um mehr geht, als Top-Platzierung zu erreichen, über die Tücken eines Auslandsaufenthalts und die Arbeit als Guide für die Para-Triathletin Lena Dieter.
[[$GalleryElement? &unique_idx=`2` &layout_id=`6` &layout_column=`col2` &layout_idx=`0` &layout_title=`` &lightbox=`0` &thumbnail=`` ]]Lena, du warst jahrelang der Guide der sehbehinderten Para-Triathletin Lena Dieter. Wie kam es dazu?
Wir stammen aus dem gleichen Verein (TSV Amicitia Viernheim, Anm. d. Red.). Ich habe Lena sogar eine Zeitlang trainiert. Früher war ihre Mutter ihr Guide. Als für Lena die ersten internationalen Wettkämpfe anstanden, war schnell klar: sie ist zu schnell für ihre Mutter.
Was hast du mitgenommen aus dieser Zeit?
Die Zusammenarbeit mit Lena war etwas ganz Besonderes. Sie hat sich immer komplett auf mich verlassen. Das heißt, ich habe Entscheidungen im Rennen nicht nur für mich, sondern auch für sie getroffen. Das Bewusstsein darüber, dass man die Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere trägt, ist etwas, was ich mit in andere Lebenssituationen nehme.
Ist es schwer, in die Rolle als Guide reinzufinden?
Es dauert natürlich ein bisschen, aber wir haben schnell unser Ding entwickelt. Die Wechsel sind zum Beispiel ein großes Thema. Lena ist ja komplett sehbehindert.
Also wechselst du erst selbst und unterstützt sie dann?
Ich kann zum Glück sehr schnell wechseln (lacht). Ich versuche, sie dann bestmöglich zu unterstützen, ziehe zum Beispiel auf dem Weg zum Wechselplatz nach dem Schwimmen nicht nur meinen Neoprenanzug bis zur Hüfte runter, sondern auch ihren.
Ihr habt gemeinsam einige Erfolge erreicht, beispielsweise den einen oder anderen Titel bei Deutschen Meisterschaften gewonnen. Siehst du dich selbst als Deutsche Meisterin?
Ich helfe Lena, den Titel zu gewinnen. Ich bekomme dafür eine Medaille, das gibt mir natürlich ein gutes Gefühl. Aber in erster Linie unterstütze ich Lena.
Sprechen wir über dieses Jahr. Was hast du mitgenommen?
Ich habe aus diesem Jahr mitgenommen, dass ich nicht zwingend Wettkämpfe brauche, um mich für das Training zu motivieren. Das Jahr hat mir sehr viel Spaß gemacht, wobei das Bundesligarennen in Saarbrücken natürlich das i-Tüpfelchen war.
Viele Athleten haben das Jahr genutzt, um an ihren Schwächen zu arbeiten. Du auch?
Meine große Schwäche ist ja das Schwimmen. Und wir konnten ja lange Zeit während des Lockdowns nicht ins Schwimmbad. Daher habe ich viele lange Radausfahrten gemacht. Das kommt sonst zu kurz. Ich habe 2020 vor allem gemerkt, wie gerne ich den Sport mache. Ich hatte bei jeder Schwimmeinheit richtig Bock. In anderen Jahren war es oft so, dass ich nach der x-ten Schwimmeinheit in der Woche nicht mehr so motiviert war.
Ist es eigentlich noch so einfach, Leistungssprünge zu machen wie als junge Nachwuchsathletin?
Man kann auch mit Mitte 20 noch Leistungsschübe haben. Ich versuche jedes Jahr an meinen Schwächen zu arbeiten und eine bessere Athletin zu werden.
Und gelingt das noch so gut wie mit 16?
(lacht) Wenn man am Anfang seiner Karriere intensiv trainiert, ist es natürlich einfacher, sich schnell zu verbessern. Aber auch da ist es ein hartes Stück Arbeit.
Du bist 2014 im Kraichgau erstmals in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga gestartet. Welche Erinnerungen hast du an dein erstes Rennen?
(lacht) Ich war da gerade von einem Auslandsaufenthalt zurückgekehrt und war eigentlich gar nicht eingeplant. Ich bin dann aber eingesprungen, weil wir Viernheimerinnen ansonsten nur zu dritt gestartet wären. Es hat sich super angefühlt, in der Bundesliga zu starten. Aber ich habe natürlich gemerkt, dass ich die Wochen im Ausland nicht trainiert habe. Das Ergebnis war entsprechend nicht so toll (Platz 43, Anm. d. Red.).
Dir wird irgendwann klar gewesen sein, dass du vermutlich nie für vordere Platzierungen in Bundesligarennen in Frage kommst. Was motiviert dich trotzdem, weiter in den Wettkämpfen an den Start zu gehen?
Mir ist der Teamgedanke sehr wichtig, ich unterstütze die Mannschaft gerne. Ich versuche, das Bestmögliche herauszuholen. Es sind von Jahr zu Jahr immer bessere Athletinnen in der Bundesliga am Start. Wenn ich ähnliche Platzierungen wie in den Jahren zuvor erreiche, wird damit auch meine persönliche Leistung immer besser. 2018 war ich mal unter den Top 30. Das noch einmal zu erreichen, wäre cool. Vielleicht ist aber eine Platzierung unter den Top 40 realistischer.
Du hast den Teamgedanken angesprochen.
Ja, die Wochenenden sind immer cool. Man startet zusammen und feuert danach die Jungs an, geht zusammen essen, verbringt Zeit miteinander. Man wächst als Gemeinschaft zusammen, die Unterstützung der anderen tut gut.
Gibt es ein Ereignis in sieben Jahren 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga, das für dich heraussticht?
Rügen 2018. Wir sind etwas früher angereist, haben sehr viel Zeit miteinander verbracht. Die Atmosphäre war super entspannt, es war eine super positive und zugleich total entspannte Stimmung. Es war ein ganz besonderes Rennen.