"Hatte Angst, als Letzter aus dem Wasser kommen und keine Radgruppe zu erwischen"

27.10.2022 –  thorsten eisenhofer

Nick Emde (SSF Bonn Triathlon Team) startet seit 2017 in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga. Wir haben mit dem 22-Jährigen über niederschmetternde Diagnosen, wie wichtig das Studium sein kann und eine Schwäche, die ihm zu schaffen macht, gesprochen.

2022 Berlin Nick Emde

Nick, du bist derzeit verletzt. Daher die Frage: Wie geht es dir?

Ich habe Ende August ein Knochenödem diagnostiziert bekommen. Bei einem MRT ist vor ein paar Tagen dann leider herausgekommen, dass ich einen Ermüdungsbruch im Kreuzbein habe.

Du wolltest diesen Herbst eigentlich noch zwei Mitteldistanzrennen absolvieren. Wie bitter ist daher die Diagnose?

Schon sehr bitter. Eigentlich komme ich damit klar. Andererseits wollte ich mich über die zwei Mitteldistanzwettkämpfe für die Ironman-70.3-WM im kommenden Jahr qualifizieren. Ich habe in meinen bisherigen Mitteldistanz-Wettkämpfen auch gemerkt, dass ich von Rennen zu Rennen dazulerne. Daher wäre ich dieses Jahr natürlich gerne noch zweimal gestartet.

Die zweite Diagnose hat es sicherlich nicht besser gemacht.

Das war schon super blöd. Ich habe schon ein bisschen Angst, dass ich bis zur kommenden Saison nicht wieder richtig fit bin. Für mich ist es gut, dass ich mit meinem Maschinenbaustudium ein Backup habe. Ich studiere im Winter Vollzeit, im Sommer verschiebt sich der Schwerpunkt dann etwas mehr zum Triathlon. Durch das Studium und die Fokussierung darauf ist es derzeit leichter, zu akzeptieren, dass ich nur Schwimmen darf.

Ein Maschinenbaustudium ist sehr anspruchsvoll. Ist es auch deine Leidenschaft?

Wenn ich mich im Masterstudium auf einen Bereich fokussieren darf, dann könnte es eine Leidenschaft werden. Derzeit ist viel Mathe pur, viel Physik pur dabei. Das ist nicht unbedingt meine Leidenschaft (lacht). Ich denke, dass es sicherlich toll ist, im Bereich Maschinenbau zu arbeiten und dass ich meinen Beruf später auch als Leidenschaft sehen werde.

Trotz der derzeit verletzungsbedingt nicht so zufriedenstellenden Situation dürfest du im Rückblick mit der Saison 2022 alles andere als unzufrieden sein.

Die Saison ist super gelaufen. Ich hatte mir für das Bundesligarennen in Berlin (Nick belegte Rang 25, Anm. d. Red.) zwar eine etwas bessere Platzierung erhofft. Aber durch meine Schwimmschwäche verpasse ich leider manchmal die Gruppe, die ich für eine gute Platzierung erreichen müsste.

Mit dem Rennen am Schliersee (Rang 15, Anm. d. Red.) bin ich natürlich super zufrieden. Das ist ein super Wettkampf und kommt mir mit dem Berg auf der Radstrecke entgegen. Da kann ich meinen Rückstand vom Schwimmen wieder wettmachen.

Woher kommt deine Schwimmschwäche?

Ich habe sehr spät mit dem Schwimmen angefangen, erst im Alter von zehn Jahren Schwimmen gelernt. Und das Talent dafür fehlt mir auch. Diese Kombination verhindert, dass ich im Wasser gute Leistungen abrufe.

Bist du stolz, trotz dieser Schwäche in der Bundesliga schon ein Top-15-Ergebnis erzielt zu haben?

Stolz ist vielleicht das falsche Wort. Wenn mir 2017 in meinem ersten Bundesligajahr jemand gesagt hätte, ich erreiche mal solch eine gute Platzierung, ich hätte es nicht geglaubt. Da waren die Top-15 für mich unvorstellbar. Nun traue ich mir sogar einen Rang unter den ersten zehn zu. Das ist auf jeden Fall mein Ziel für die kommenden Jahre.

Welche Erinnerungen hast du an deine ersten Bundesligastarts 2017?

Ich hatte Angst, dass ich als Letzter aus dem Wasser komme und keine Radgruppe erwische. Über Platzierungen habe ich mir damals gar keine Gedanken gemacht. Ich wusste aber: Wenn ich in einer Radgruppe bin, muss ich mir aufgrund meiner Laufstärke keine Gedanken machen, dass ich ganz hinten im Klassement lande.

Du hast dann eine gute Entwicklung genommen.

Ich habe nie einen großen Leistungssprung gemacht. Ich bin bislang einfach von Jahr zu Jahr ein bisschen besser geworden.

Was haben dir die Rennen in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga mitgegeben?

Viel Motivation. Mit 17 war es schon etwas Besonderes, da starten zu dürfen. Die Stimmung ist einfach genial, die Events cool. Es war schon geil, als junger Athlet mit dem Olympia-Vierten Richard Murray an der Startlinie zu stehen.

Da hat man gesehen, wo der Weg mal hinführen kann, auch wenn mir früh klar war, dass ich aufgrund meiner Schwimmschwäche sicherlich kein Kandidat für Olympische Spiele bin und ich mich langfristig auf die längeren Strecken orientieren werde.

Welche Ziele hast du auf der Mitteldistanz?

Nachdem es dieses Jahr nicht geklappt hat, einen Startplatz für die Ironman-70.3-WM 2023 zu ergattern, will ich das im kommenden Jahr für 2024 schaffen. Und ich möchte mich konstant in den Top sechs bei größeren Mitteldistanzrennen platzieren, bevor ich mir noch höhere Ziele setzen will.