„Genaugenommen habe ich in einer Ziege gebremst“

28.10.2024 –  thorsten eisenhofer

Franka Rust vom Dr. Loges Triathlon Team Lüneburg blickt auf eine erfolgreiche Saison zurück, auch wenn sie den eigentlichen Höhepunkt auslassen musste. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was eine Ziege damit zu tun, was ein mentaler Booster bewirkt und wie sie die guten Ergebnisse ihres Teams in der 1. Triathlon-Bundesliga wahrgenommen hat.

2023 Franka Rust

Franka, tierische Begegnungen sind oftmals schön. Deine Begegnung mit einer Ziege auf Mallorca in der ersten Oktoberwoche war es leider nicht.

Ich war auf einer Abfahrt, nicht mal besonders schnell. 150 Meter vor uns (Franka war zusammen mit Julia Bröcker unterwegs, Anm. d. Red.) war ein Auto, das die Ziegen irgendwie aufgescheucht und auf die Straße getrieben hat. Auf jeden Fall hatte ich keine Chance mehr, rechtzeitig zu bremsen. Genaugenommen habe ich in einer Ziege gebremst und mich dann überschlagen.

Der Sturz hat zu Verletzungen an Schulter und Rücken beziehungsweise Wirbelsäule geführt und dich den Start bei den U23-Weltmeisterschaften gekostet. Wie gut hast du das WM-Aus verarbeitet?

Körperlich geht es mir besser als gedacht. Es ist schon krass, wie schnell sich ein Sportlerinnenkörper erholt.

Mental war es nicht einfach, den WM-Start abzusagen. Jeder, der mich kennt, weiß, wie sehr ich mich über die Nominierung gefreut habe. Sie war die Krönung einer super Saison, und ich hatte richtig Bock auf den Wettkampf. 

Hast du die Erfolge dieses Jahres schon richtig verarbeiten können?

Der große Nachteil im Spitzensport ist, dass er unfassbar schnelllebig ist. Ein Highlight jagt das nächste, man hat zwischendurch nicht wirklich Zeit, zu verarbeiten, was passiert ist.

Deswegen habe ich mir vorgenommen, in der Off-Season noch mal ausgiebig über das Jahr nachzudenken. Es war für mich schon eine crazy Saison.

Du hast dreimal auf dem Podium im Europacup gestanden, darunter ein Sieg, warst bei der EM am Start, hast mit deinem Team den Titel in der Triathlon-Bundesliga nur knapp verpasst. Gab es unter den vielen Höhepunkten ein besonderes Highlight?

Für mich war es schon überraschend, in Caorle Rang zwei in einem stark besetzten Europacup-Rennen zu erreichen. Natürlich war der Erfolg in Olsztyn ein besonderer, weil es mein erster Sieg in einem Europacup war, aber Caorle war aufgrund der Vorgeschichte mein Highlight.

Rund vier Wochen vorher lief es in London bei den E World Triathlon Championships in London powered by Zwift nämlich nicht so besonders.

Ich war fit – aber es lief überhaupt nicht. Das hat mich mega gewurmt. Ich habe mich dann in den vier Wochen bis Caorle nochmal intensiv mit dem mentalen Bereich beschäftigt. Das hat geholfen.

Das war bereits ein großes Thema vor der vergangenen Saison.

Es war die Stellschraube, an der wir am meisten gedreht haben.

Ich gehe schon, seit ich Triathlon betreibe, zu einer Sportpsychologin. Im vergangenen Winter habe ich den Austausch noch einmal intensiviert, weil ich gemerkt habe, dass ich in Sachen Selbstbewusstsein und Lockerheit im Wettkampf noch Defizite habe.

Seit dem Rennen in Caorle gelingt es mir, mit dem entsprechenden Mindset in die Rennen zu gehen.

Im Endeffekt war es ein langer Prozess, und es ist schön, dass ich so große Fortschritte gemacht habe, auch schon in den vergangenen Jahren. Es ist auf jeden Fall nicht so, dass ich zur Saison 2024 plötzlich von einem Tag auf den anderen um 200 Prozent besser geworden bin.

Zumindest gefühlte 200 Prozent besser ist das Dr. Loges Triathlon-Team Lüneburg in den vergangenen Jahren in der 1. Triathlon-Bundesliga geworden. 2021 seid ihr noch in der 2. Liga gestartet, nun fast Meister geworden.

Wir wussten schon in der 2. Liga, dass wir es unbedingt in die 1. Liga schaffen wollen. Dann haben wir erst einmal das Ziel gehabt, nicht abzusteigen. Dass es nun fast für den Titel gereicht hat, ist schon crazy. Da denkt man manchmal schon: wow.

Das Team hat sich in den Jahren etwas gewandelt, anfangs waren wir fast nur regionale Athletinnen. Aber die ausländischen Zugänge sind alle junge, hoffnungsvolle Athletinnen mit einem super Charakter, mit denen ich gerne zusammen starte.

Das Team hat eine super Mentalität, der Mannschaftsgedanke wird großgeschrieben. Ich bin stolz, für dieses Team zu starten.

In Dresden, du warst an dem Tag bei der EM in Balikesir am Start, gab es sogar den ersten Teamerfolg.

Das war schon ein besonderer Moment, auch für diejenigen, die an diesem Tag nicht dabei waren. Als ich es gehört habe, habe ich mich mega gefreut. Was ich besonders toll fand, ist, dass sich so viele Leute aus unserem Umfeld so sehr gefreut haben.

Anschließend wart ihr Spitzenreiter. Habt ihr vor dem abschließenden Rennen in Hannover vom Titel geträumt, obwohl ihr wusstet, dass Witten alles dafür tun wird, euch noch zu überholen?

Natürlich haben wir mit dem Titel geliebäugelt. Im Sport kann so viel passieren. Wir wussten aber, dass alles für uns perfekt laufen muss, gerade bei der superstarken Wittener Aufstellung.

Als wir zu dritt in der ersten Radgruppe waren, haben wir kurzzeitig gedacht, es läuft alles für uns. Aber spätestens beim Laufen hat man gesehen, dass Witten stärker ist.

Die Saison 2024 war deine dritte in der 1. Liga. Welcher Moment war der einprägsamste in dieser Zeit?

Mein erstes Top-Ten-Ergebnis, das war 2022 am Schliersee und vor allem mein fünfter Platz im Vorjahr in Hannover, als ich nach einer langen Zeit wegen einer Verletzung so unerwartet stark zurückgekommen bin.