Lauf des Lebens
03.11.2022 – thorsten eisenhofer
Dabei hat die Athletin, die 2022 für Mey Post SV Tübingen, 2023 für den TSV Amicitia Viernheim startet, noch ein großes sportliches Projekt, das es zu lösen gilt – auch wenn ihr das die Underdog-Rolle kosten dürfte.
Der 28. Mai diesen Jahres war ein nervlich anstrengender Tag für Helen Scheffold. Der 28. Mai diesen Jahres war allerdings auch ein sehr schöner Tag für Helen Scheffold. Nervlich anstrengend war der Tag für sie, weil das Rennen der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga im Kraichgau erst am späten Abend stattfand. „Die Wartezeit den Tag über war die Hölle, ich war unfassbar nervös“, sagt Scheffold. Schön war der Tag für Scheffold, weil die 20-Jährige völlig überraschend Platz 16 belegte - in ihrem ersten Rennen in der höchsten deutschen Triathlonliga.
Eigentlich hätte Scheffold schon im vergangenen Jahr ihr Debüt in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga feiern sollen, in Nürnberg. Doch langwierige muskuläre Probleme verhinderten dies. „Das war schon eine Enttäuschung für mich. Die Bundesliga ist schließlich das Ding in Deutschland“, sagt Scheffold. 2021 war sie zwar beim Bundesligarennen in Berlin am Start. Allerdings nicht in der Bundesliga-Wertung, sondern über das Zusatzkontingent in der Deutsche-Meisterschafts-Wertung.
Umso besser wurde schließlich die Bundesliga-Saison 2022. Zwei Top-20-Ergebnisse – neben Rang 16 im Kraichgau Platz 19 am Schliersee trotz der sieben Tage zuvor absolvierten Premiere auf der Olympischen Distanz – waren dann doch mehr als erwartet. Auch Rang 35 in Berlin konnte das Bild nicht mehr großartig trüben. „Ich hatte gehofft, dieses Jahr ein Top-20-Ergebnis zu erzielen“, sagt Scheffold: „Dass mir dies gleich im ersten Rennen gelingt und ein weiteres Resultat unter den besten 20 folgt, hat mich schon überrascht.“
Scheffold zeigte, dass sie sich in den vergangenen vier Jahren am Stützpunkt in Freiburg unter Wolfram Bott und Martin Lobstedt weiterentwickelt hat: Von der ehemaligen Schwimmerin, die über den Schulsportwettbewerb Jugend trainiert für Olympia zum Ausdauerdreikampf fand, zu einer Triathletin, die mittlerweile auch schnell laufen kann – und sich so im Kraichgau noch auf Rang 16 nach vorne schob. „Es war der Lauf meines Lebens“, sagt Scheffold.
Sie hofft nun, dass noch weitere „Läufe ihres Lebens“ folgen werden. Denn Ziele hat die Freiburgerin noch einige. Top-10-Ergebnisse in der Bundesliga, erste Starts im Europacup und bestenfalls auch mal die Teilnahme an einem Weltcup-Wettbewerb.
Daneben möchte sie ihr BWL-Studium vorantreiben. Denn Scheffold sagt, sie brauche eine Zweitbeschäftigung neben dem Sport: „Es ist gut, noch eine zweite Welt neben dem Sport zu haben und die Triathlonblase immer mal wieder zu verlassen.“ Dieser Weg, die Wahl eines Präsenz- anstatt eines Online-Studiums, scheint ihr gut zu tun - und ihre sportliche Leistung eher zu befeuern als zu hemmen.
Die Zeit in Freiburg habe sie sportlich und menschlich „unfassbar weitergebracht“, sagt Scheffold. Eine sportliche Baustelle hat sie allerdings noch: Sie möchte den Kreislauf der Abfolge von guten und schlechten Rennen beenden. „Bislang ist es immer so: Auf einen guten Wettkampf folgt ein schlechter, weil meine Erwartungen hoch sind und ich mir Druck mache. Auf ein schlechtes Rennen folgt ein gutes, weil niemand etwas erwartet und ich die Underdog-Rolle nutzen kann.“ So erklärt die 20-Jährige auch ihre Bundesliga-Resultate 2022.
Gelingt ihr dies, könnte es weitere so erfolgreiche Tage wie den 28. Mai 2022 in der Karriere von Helen Scheffold geben. Vielleicht dann sogar ohne den nervlich anstrengenden Teil.