"Habe die Entscheidung, es nicht als Profi zu versuchen, nie bereut"

17.12.2024 –  thorsten eisenhofer

Paul Wiesner (SSF Bonn Triathlon Team) hat in der vergangenen Saison ein Rennen in der 2. Triathlon Bundesliga Nord gewonnen. Wir haben mit ihm über einen außergewöhnlichen Hochzeitssong, einen besonderen Erfolg und eine bewusste Entscheidung gesprochen.

2024 Freilingen Paul Wiesner

Paul, bei deiner Hochzeit im Sommer ist der Bundesliga-Jingle gelaufen. Wie kamst du beziehungsweise ihr darauf?

Die Musik ist für mich und meine Frau Melena (startet in der 2. Liga Süd für Koblenz, Anm. d. Red.) durch meine Starts in der 1. Liga und ihr Zuschauen bei den Rennen etwas Besonderes und ruft bei uns eine positive Spannung vor einem Start hervor.

Wir hatten dann den Gedanken, das in unsere freie Trauung einzubauen. In der Bundesliga endet der Jingle, und es erfolgt der Startschuss. Bei uns endete der Jingle, und der Einzug zur Trauung durch Melena begann.

Wie ist das von den Hochzeitsgästen aufgenommen worden?

Einige Triathletinnen und Triathleten, die dabei waren, haben doch sehr überrascht und erstaunt, fast schon amüsiert reagiert. Die Reaktionen waren aber durchweg positiv.

Musstet ihr den Song anderen Gästen erklären?

Ein paar Gäste haben nachgefragt. Denen haben wir den Trailer der Bundesliga gezeigt, dann haben sie es verstanden und fanden die Idee cool.

Melena und du, ihr trainiert beide leistungsorientiert. Ist Triathlon bei euch das große Thema?

Es ist ein großes Thema, das sehr viel Zeit einnimmt. Das Zentrale ist das gegenseitige Verständnis für die gleiche Leidenschaft, das volle Verständnis dafür, wenn man nach oder vor der Arbeit trainieren geht.

Du hast dieses Jahr das Zweitliga-Rennen in Freilingen gewonnen. Was hat dir der Erfolg bedeutet?

Es ist der bisher größte Einzelerfolg meiner Karriere. Ich wohne und trainiere in Koblenz (ca. 30 Minuten Fahrtzeit von Freilingen, Anm. d. Red.), daher war es für mich ein Heimrennen. Ich war sogar vorher da, um mir die Strecke anzuschauen.

Als dann im Rennen eine große Gruppe zusammen zum zweiten Wechsel kam, wusste ich, es kann etwas werden. Es war dann einfach ein perfekter Tag.

Hast du von einem Sieg geträumt?

Mein Ziel für 2024 war eine Top-3-Platzierung in einem Zweitliga-Rennen. In Freilingen zu gewinnen und in Eutin Zweiter zu werden, was auch ein Heimrennen für mich war (Paul kommt aus Kiel, seine ganze Familie war zum Zuschauen da, Anm. d. Red.) war schon cool.

Was hat das mit dir gemacht?

Es hat mir gezeigt, dass ich trotz meines fortgeschrittenen Alters im Vergleich zu vielen Konkurrenten (Paul ist 29 Jahre, Anm. d. Red.) voll konkurrenzfähig bin und nicht zu den „Uralten“ gehöre, die nicht mehr mithalten können.

Und es hat Lust auf mehr gemacht.

Seit 2021 startest du auch ab und an in der 1. Liga. Wie fühlt sich ein Erstliga-Rennen im Vergleich zur Zweiten Liga an?

In der 1. Liga ist das Schwimmen viel entscheidender. Wenn ich es in eine Radgruppe schaffe, kann ich aufgrund meiner Laufstärke eine gute Platzierung erreichen. Gelingt mir das nicht – wie dieses Jahr in Tübingen – ist das Ergebnis eher so semi (Platz 58, Anm. d. Red.).

Mein Ziel ist, 2025 nochmal 1. Liga zu starten. Es ist nicht mein Anspruch, mich mit dem Ergebnis aus Tübingen aus der 1. Liga zu verabschieden.

Du arbeitest Vollzeit als Projektmanager und Teamleiter in der Fahrradindustrie. Wie schwer ist es, Job und Sport zu vereinen?

Es erfordert viel Flexibilität. Aber ich passe mich an, gehe morgens im Dunkeln laufen oder schwimmen, fahre den ganzen Winter nur auf der Rolle. Mein Rad kommt erst im April wieder nach draußen.

Du startest in Bonn zusammen mit Athleten wie Lasse Lührs, Olympiasieger in der Mixed Relay. Beneidest du Profi-Athleten wie ihn?

Ich habe während des Studiums mit dem Gedanken gespielt, ob ich es als Profi versuchen soll. Ich habe mich dann bewusst dagegen entschieden, weil ich gemerkt habe, dass ich zwar gut bin, aber andere noch besser sind. Diese Entscheidung habe ich nie bereut.

Es ist ganz klar, der Sport ist ein Hobby, wenn auch ein leistungsorientiertes. Der Fokus aber liegt erst auf der Familie, dann auf dem Job und dann auf dem Sport. Triathlon ist für mich eine Belohnung, ein Ausgleich, den ich freiwillig mache.

Natürlich beneide ich Lasse für seine Möglichkeiten und für die Zeit, die er für den Sport hat. Aber er hat auch einen ganz anderen Druck. Ich dagegen kann befreit an den Start gehen, da nichts hintendran hängt.